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Führungskraft – Motivator oder Mobber? Die feine Grenze zwischen konstruktiver Kritik und Mobbing


In der modernen Arbeitswelt spielt die Führungskraft eine zentrale Rolle für die Motivation und das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Während einige Führungskräfte als Motivatoren auftreten, die ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen anspornen, können andere in ihrer Kommunikation und ihrem Verhalten unbewusst in den Bereich des Mobbings abrutschen. Doch was unterscheidet die beiden? Und warum nimmt nicht jeder Mitarbeiter Kritik als Motivation an? In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die Unterschiede zwischen motivierender Führung und Mobbing und beleuchten, welche Persönlichkeitsmerkmale hierbei eine Rolle spielen. Zudem betrachten wir wissenschaftliche Studien aus der Arbeitspsychologie und Resilienzforschung.


1. Was ist der Unterschied zwischen konstruktiver Kritik und Mobbing?

Kritik ist ein zentrales Element der Führung. Sie ist notwendig, um Mitarbeiter zu verbessern und ihre Leistung zu steigern. Doch nicht jede Kritik wird von den Mitarbeitern gleich aufgenommen. Der entscheidende Unterschied zwischen konstruktiver Kritik und Mobbing liegt in der Art und Weise, wie die Kritik formuliert und vermittelt wird.


  • Konstruktive Kritik wird in der Regel in einem respektvollen und sachlichen Kontext gegeben. Sie zielt darauf ab, den Mitarbeiter auf Entwicklungsfelder hinzuweisen, ohne dabei die Persönlichkeit des Mitarbeiters anzugreifen. Eine solche Kritik sollte mit dem Ziel der Verbesserung und Förderung der individuellen Leistung vermittelt werden. Wichtige Merkmale sind hier die Wertschätzung, die Zielorientierung und die Rückmeldung in einem geschützten Rahmen.


  • Mobbing hingegen ist ein wiederholtes, absichtliches Verhalten, das darauf abzielt, den betroffenen Mitarbeiter zu isolieren, herabzusetzen oder zu demütigen. Es geht dabei nicht um die Verbesserung der Leistung, sondern um die Schädigung der Person. Mobbing kann in Form von verbalen Angriffen, Ausgrenzung oder ständiger Herabsetzung auftreten. Es hat oft schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der betroffenen Mitarbeiter.


2. Wie nehmen Mitarbeiter Kritik wahr?

Nicht jeder Mitarbeiter reagiert auf Kritik gleich. Was für den einen als motivierend und hilfreicher Hinweis wahrgenommen wird, kann für den anderen als Angriff auf die eigene Person empfunden werden. Die Wahrnehmung von Kritik hängt von mehreren Faktoren ab, insbesondere von den Persönlichkeitsmerkmalen und der Resilienz der Mitarbeiter.


2.1. Persönlichkeitsmerkmale

Die Persönlichkeit spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie ein Mitarbeiter auf Kritik reagiert. Besonders relevant sind hierbei die Dimensionen des Big Five-Modells der Persönlichkeit. Diese fünf Hauptmerkmale (Offenheit für neue Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus) haben einen starken Einfluss auf die Reaktion auf Kritik:


  • Neurotizismus: Personen mit einem hohen Neurotizismus-Level neigen dazu, Kritik schneller persönlich zu nehmen. Sie sind emotional reaktiver und haben oft ein stärkeres Bedürfnis nach Bestätigung. Bei diesen Mitarbeitern kann schon kleinere, konstruktive Kritik als belastend oder sogar als Mobbing wahrgenommen werden. Sie sind weniger resilient gegenüber negativen Rückmeldungen (Quelle: J. M. Twenge & W. K. Campbell, 2008).

  • Verträglichkeit: Mitarbeiter, die hoch in Verträglichkeit sind, nehmen Kritik eher als konstruktiv und motivierend wahr, da sie dazu tendieren, in zwischenmenschlichen Interaktionen harmonische Beziehungen aufrechtzuerhalten und Konflikte zu vermeiden. Sie könnten weniger geneigt sein, Kritik als Mobbing zu erleben (Quelle: Costa & McCrae, 1992).

  • Gewissenhaftigkeit: Gewissenhafte Personen sehen Kritik als Chance zur Verbesserung. Sie sind meist sehr zielorientiert und arbeiten kontinuierlich an ihrer Leistungssteigerung. Solche Mitarbeiter können Kritik oft objektiver und konstruktiver annehmen (Quelle: Barrick & Mount, 1991).


2.2. Resilienz

Resilienz bezeichnet die Fähigkeit, mit stressigen oder herausfordernden Situationen umzugehen und sich von Rückschlägen zu erholen. In der Arbeitspsychologie wird Resilienz als ein Schlüsselfaktor für die Wahrnehmung von Kritik und die Fähigkeit, damit umzugehen, angesehen. Menschen mit hoher Resilienz nehmen Kritik oft weniger persönlich und nutzen sie als Anlass zur Weiterentwicklung (Quelle: Tugade & Fredrickson, 2004).

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass resilientere Mitarbeiter eine höhere emotionale Stabilität aufweisen und die Fähigkeit besitzen, sich schnell von negativen Rückmeldungen zu erholen. Diese Menschen sind in der Lage, zwischen konstruktiver Kritik und Mobbing zu unterscheiden und die Rückmeldungen als eine Form der Unterstützung zu sehen.


3. Wie die Führungskraft zur Motivation beiträgt

Eine gute Führungskraft erkennt, dass die individuelle Reaktion auf Kritik variieren kann. Sie sollte daher ihre Kommunikation an die Bedürfnisse und die Persönlichkeit der Mitarbeiter anpassen. Hierbei können einige Prinzipien aus der Resilienzforschung und der Arbeitspsychologie von Nutzen sein:


  • Klare und transparente Kommunikation: Eine gute Führungskraft vermittelt Kritik klar und transparent, ohne den Mitarbeiter unnötig zu demütigen oder zu verunsichern. Die Kritik sollte immer auf die konkrete Situation und nicht auf die Person bezogen sein.

  • Empathie und Unterstützung: Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter gut kennen und empathisch auf ihre Bedürfnisse eingehen, können den Unterschied zwischen konstruktiver Kritik und Mobbing klarer erkennen. Unterstützung in schwierigen Momenten fördert die Resilienz und kann den Mitarbeiter dazu motivieren, aus Rückschlägen zu lernen.

  • Förderung von Resilienz: Resilienz ist eine Fähigkeit, die auch trainiert werden kann. Führungskräfte, die Resilienz bei ihren Mitarbeitern fördern, helfen ihnen, Rückmeldungen besser zu verarbeiten und als Chance zu sehen. Dies kann durch regelmäßiges Feedback, Weiterbildungsangebote und durch das Schaffen eines positiven Arbeitsumfeldes geschehen.


4. Fazit

Der Unterschied zwischen einem Motivator und einem Mobber liegt in der Art und Weise, wie Kritik kommuniziert wird und wie sie von den Mitarbeitern wahrgenommen wird. Persönlichkeitsmerkmale wie Neurotizismus, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit spielen eine wichtige Rolle in der Wahrnehmung von Kritik. Resilienz ist ein weiterer Schlüsselfaktor, der darüber entscheidet, wie gut Mitarbeiter mit Rückmeldungen umgehen und sich nicht von negativen Erfahrungen überwältigen lassen. Führungskräfte, die diesen Unterschied erkennen und ihre Kommunikation entsprechend anpassen, können eine Arbeitsatmosphäre schaffen, die sowohl die Motivation als auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördert und somit auch die Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft.

Quellen:

  1. Twenge, J. M., & Campbell, W. K. (2008). "Increased self-focus in the United States: 1970–2006." Journal of Personality and Social Psychology.

  2. Costa, P. T., & McCrae, R. R. (1992). "Normal personality assessment in clinical practice: The NEO Personality Inventory." Psychological Assessment.

  3. Barrick, M. R., & Mount, M. K. (1991). "The Big Five personality dimensions and job performance: A meta-analysis." Personnel Psychology.

  4. Tugade, M. M., & Fredrickson, B. L. (2004). "Resilient individuals use positive emotions to bounce back from negative emotional experiences: The role of emotion regulation." Journal of Personality and Social Psychology.

 
 
 

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